Alle Orgeln haben eines gemeinsam, die verschiedenen Klangfarben werden in Register eingeteilt. Damit jede Taste auf dem Manual einen Ton zugeordnet bekommt, wird eine Pfeifenreihe gebraucht, da jede Orgelpfeife nur einen festen Ton erzeugen kann. Ein Register kann eine oder mehrere Pfeifenreihen beinhalten. Man benennt ein Register meistens nach der Größe der größten Orgelpfeife, bei einem 8′ Register ist beispielsweise die größte Pfeife 8′ hoch, was ca. 2,40 m entspricht. Mit diesem Register spielt man in Normallage, also die Tonhöhen, die auch ein Klavier erzeugt. Je länger die Pfeife ist, desto tiefer wird der Ton, wobei die Länge proportional zur Tonhöhe ist. Wenn man eine Pfeife halbiert, verdoppelt sich die Tonhöhe bzw. die Frequenz und man erhält einen Ton, der eine Oktave über dem ursprünglichen Ton liegt. Diesen Effekt nutzt man auch im Orgelbau um dem Orgelklang einen Charakter zu geben. Ein 4′ Register liegt beispielsweise eine Oktave über dem 8′ Register, da das Verhältnis der Pfeifenlänge des 4′ Register gegenüber dem 8′ Register bei 1:2 liegt. Dieses Prinzip lässt sich so weiterführen, ein 2′ liegt zwei Oktaven über dem 8′, ein 1′ Register sogar 3. Dieses System ist auch in die andere Richtung möglich, ein 16′ Register liegt eine Oktave und dem 8′, ein 32′ sogar zwei. Diese Register sind meistens im Pedal anzutreffen, mit Hilfe dessen der Bass gespielt wird.
DIE WAHRNEHMUNG EINES KLANGES
Das, was der menschliche Hörsinn als Klang wahrnimmt, sind periodische Schwingungen, die sich in Teiltöne unterteilen lässt. Diese Teiltöne verlaufen sinusförmig und summieren sich durch Frequenzüberlagerungen zu einem Klang. Der tiefste Teilton ist dabei der Grundton, den wir als Tonhöhe wahrnehmen, alle darüber geschichteten Teiltöne, auch Naturtöne, Partialtöne oder Aliquottöne genannt, sind ganzzahlige Vielfache des Grundtones und stehen dazu in Schwingungsverhältnissen von 1:2; 2:3; 3:4; usw.. Je nachdem, wie stark diese einzelnen Obertöne ausgeprägt sind, kann das menschliche Gehirn zwischen Klangfarben unterscheiden und auch Tonhöhen, bzw. den Grundton erkennen, wenn dieser kaum oder sogar gar nicht zu hören ist. Die Ausprägungen der Obertöne und die damit verbundene Klangfarbe z.B. einer Orgelpfeife hängen von verschiedenen Faktoren, u.a. von der Bauart, ab.
KLANGVARIATION DURCH MATERIAL UND BAUART
Die gebrächlichsten Materialien sind Zinn, Kupfer, Bronze, Zinn- und Bleilegierungen und Holz. Heute neigt man eher zu Zinnlegierungen, da Blei weicher und damit anfälliger für Schäden ist. Außerdem steigt bei Bleipfeifen die Tendenz, dass die Pfeifen im Laufe der Zeit in sich zusammensacken. Trotzdem wurden in der Vergangenheit auch Orgeln mit Bleipfeifen gebaut, der Klang wird als Grundtöniger, bzw. weniger obertonreich beschrieben, als der von Pfeifen mit Zinnlegierungen. Ein Beispiel dafür ist die Orgel der St. Johannis Kirche in Lüneburg von 1553.
Was die Bauform betrifft, unterscheidet man grundsätzlich zwischen Labial – und Lingualpfeifen. Bei den Labialpfeifen erfolg die Klangerzeugung wie bei einer Blockflöte. Die Luft gelangt von unten in Pfeife hinein und wird durch einen engen Spalt, genannt Labium (lat. für Lippe), in Schwingung versetzt. Es baut sich in der Pfeife eine schwingende Luftsäule auf, je höher die Luftsäule, desto tiefer ist der Ton. Die Pfeifen können oben an der Pfeife mit Hilfe eines kleinen Einschnittes gestimmt werden, welcher die Pfeifenlänge variiert.
Die Labialpfeifen teilen sich wiederum in mehrere Untergruppen. Die wohl bekannteste Gruppe ist das Prinzipalregister, das sind die Pfeifen, die auch meistens im Prospekt einer Orgel stehen, sie kommen in den meisten Pfeifenorgeln vor. Die Prospektpfeifen sind übrigens in den meisten Fällen Zierpfeifen, nur selten ist das Prospekt klingend. Die Prizipale sind oben offen und haben eine im Vergleich zu anderen Pfeifenarten mittelgroße Mensur. Sie erzeugen einen klaren Grundton mit vielen Obertönen, die den Grundton aber nicht verdecken. Aufgrund dieser Eigenschaft dienen diese Pfeifen als Grundgerüst eines Orgelplenums.

Setzt man nun einen Deckel auf eine Principalpfeife, wird die Schwingung an dem Ende reflektiert, sodass die Pfeife eine Oktave tiefer klingt. Diese sogenannten „Gedackte“ haben nur ungerade Obertöne und klingen sehr weich. Der Grundton ist klar vernehmbar, aber nicht so stark ausgeprägt, wie bei einem Prinzipal.

Manchmal befindet sich oben am Deckel noch ein kleines Rohr um Luft durchzulassen, die Pfeife klingt dann noch einmal deutlich leiser. Lässt man den Prinzipal offen, vergrößert aber die Mensur, erklingt die Pfeife weniger kräftig, man erhält den Klang einer Flöte. Verringert man die Mensur, verstärkt man die Obertöne, was zu Folge hat, dass man einen intensiven, scharfen Klang erhält, der einem Streichinstrument ähnelt. Diese Register werden auch nach den Streichinstrumenten benannt, z.B. „Viola“ oder „Gambe“. Man kann die Mensur auch so wählen, dass ausgewählte Obertöne betohnt werden. Ein in Renaissance und im Frühbarock übliches Register ist beispielsweise die „Quintadena“. Man hört in ihrem Klang deutlich den 2. Oberton, die Quinte heraus. Zu genannten Hauptklangfarben kommen noch weitere Möglichkeiten, den Klang zu variieren. Baut man Pfeifen sehr eng, können sie überblasen, wie bei einer Querflöte. Auch die Form der Pfeife lässt sich ändern, sodass diese nach oben spitz zuläuft, diese konische Form erzeugt einen sehr zurückhaltenen, dunklen Klang.
Man kann Schwingungen auch durch ein dünnes Metall- oder Rohrplättchen erzeugen, vergleichbar mit einer Klarinette, Oboe oder einem Saxophon. Der vom Windwerk erzeugte Luftstrom bringt dieses Plättchen zum Schwingen, welches wiederum die Schwingungen an die Luftsäule darüber weitergibt. Diese Pfeifen heißen Lingualpfeifen oder Zungenpfeifen. Sie sind deutlich obertonreicher und unterscheiden sich stark in ihrer Klangfarbe von den Labialpfeifen. Da sie dem Klang von Trompeten und anderen Blechblasinstrumenten ähneln, werden sie auch oft nach diesen benannt. Sie bilden in mehreren Fußlagen verwendet eine Art Fanfarenchor. Die Spanische Trompete ist sogar horizontal angeordnet, damit der Klang direkt zum Zuhörer gelangt, was einem Plenum noch mehr Kraft gibt. Gleichzeitig gibt es gerade in der Romantik auch viele leise Zungenstimmen, wie z.B. die „Klarinette“ oder die „Vox Humana“, die einer menschliche Stimme ähnelt. Man verwendet diese als Solostimmen. Im Barock baute man dazu noch Register mit bewusst schnarrendem Klang, wie dem Regal oder dem Krummhörn.

KLANGVARIATION DURCH ALIQUOTENREGISTER
Der orgeltypische Klang kommt auch durch so genannte Aliquotenregister zustande. Diese spiegeln die Obertöne des Grundtons wieder, je nachdem in welchen Kombinationen diese gezogen werden, ändert sich die Klangfarbe.

Der Grundton steht wie schon gesagt in 8′ Lage, der erste Oberton liegt eine Oktave darüber in der 4′ Lage. Das nächste Register ist dann die reine Quinte in 2 2/3′ Lage, die auch manchmal als „Nasat“ oder „Malat“ bezeichnet wird. Mit 8′ und 4′ zusammen erzeugt dieses Register einen Klang, den man am ehesten als etwas hohl beschreiben kann. Ein Quintregister ist meistens auch eine kleineren Orgeln vorhanden. Der nächste Oberton ist dann die schon erwähnte Oktave in 2′ Lage, eine sehr gebrächliche Tonkombination gerade zur Liedbegleitung ist 8′, 4′ und 2′. Die Terz 1 3/5′ ist da schon weniger flexibel, dafür umso charakteristischer. Da sie sich allein mit dem Grundton nur wenig mischt, wird sie häufig in Kombination mit den Oktavregistern und der Quinte 2 2/3′ verwendet. Die Quinte 1 1/3′ ist da weit weniger charakteristisch und wegen seiner relativ einfachen Bauform sogar in kleinen historischen Orgeln Standard. In solchen Orgeln eher unüblich ist die Septime 1 1/7′, erst in größeren Orgeln wird diese Lage häufiger verwendet. Sie mischt sich noch schlechter, als die Terz und kann daher nur in Chören mit anderen Quinten und Terzen verwendet werden. Die Oktave 1′ ist dafür wieder häufiger vorhanden, endweder als Solostimme oder in Mixturen mit anderen Registern verbunden. Die None kommt meistens in 8/9′ Lage vor, man kann sie praktisch nur in Kombination mit anderen Aliquotenregistern verwenden, da das Risiko, dass der Klang zu undeutlich wird und auseinander fällt sehr groß ist. Die None ist nämlich auch Oberton der Quinte 2 2/3′, was die Klangsynthese stören und den Gesamtkang sehr undeutlich werden lassen kann. Diese hohen Register kommen im übrigen an die obere menschliche Hörgrenze heran. Das Schema der Aliquotenregister als Abbildung der Obertöne lässt sich prinzipiell immmer weiterführen, wobei es Aufgabe des Organisten ist, die Obertöne so zu kombinieren, dass das Klangbild nicht durch „falsche“ Residualtöne getrübt wird.

Im Pedal ist meistens kein 8′ Register Basis, sondern tiefere Register, wie ein 16′, 32′ oder extrem selten ein 64′. Die Aliquotenregister werden dem entsprechend in tieferer Lage aufgebaut. Ist ein 32′ Register die Basis, liegt die erste Quinte, also der zweite Oberton bei 10 2/3′. Oft wird auch das Prinzip der Residualtöne, auch Differenztöne genannt, genutzt. Das menschliche Gehirn braucht nicht immer einen Grundton um eine Tonhöhe zu erkennen, Obertöne sind zum Teil ausreichend. So kann aus einem 10 2/3′ und einem 16′ der Eindruck eines 32′ gewonnen werden. Dies geht auch, wenn Register theoretisch unter der Hörgrenze liegen, so kann aus einem 21 1/3′ und einem 32′ ein akustischer 64′ gebaut werden. Die tatsächliche Tonhöhe eines 64′ ist zumindest in der tiefsten Oktave nur noch als Infraschall, also als Vibration im Körper zu bemerken, durch die Residualtöne kann dies umgangen werden und ein tatsächliche Höreindruck einer Tonhöhe entsteht. In Pedal-Soli, wie sie z.B. bei Bach vorkommen, kann, selbst wenn ein entsprechendes Register vorhanden ist, die Grundstimme ebenfalls weggelassen werden. Damit kann vermieden werden, dass der Klang durch den Hall zu dunkel und undurchsichtig wird.
16′ und 4′ Pedal in Groß Midlum:


Aus Holz der Bordun 16′ der Uphuser Kirche, Pedal angehängt:

REGISTER MIT MEHREREN PFEIFENREIHEN
Pfeifenreihen verschiedener Tonhöhen und seltener auch Bauformen können zusammengefasst werden, sodass bei Betätigung des entsprechenden Registerzugs mehrere Pfeifenreihen erklingen. In erster Linie ist dies als Spielhilfe für den Organisten gedacht, da das Ändern jeder einzelnen Pfeifenreihe einen höheren Zeitaufwand hätte und damit mit einem einzigen Registerzug ein großer Effekt erzeugt werden kann. Man bezeichnet diese dann nach der Anzahl der Pfeifenreihen. Eine Mixtur z.B. 4-5f. beinhaltet 4 Pfeifenreihen und eine weitere Reihe, die nicht komplett ausgebaut ist. Diese Register haben durch die Tatsache, dass sie mehrere Pfeifenreihen beinhalten, auch einen großen Einfluss auf den Gesamtklang. Am einfachsten Aufgebaut ist die Sesquialtera 2f., zusammengefasst werden Quinte 2 2/3′ und Terz 1 3/5′. Zusammen mit 4′ und 2′ wird daraus ein Kornett 4f. Und wenn nun noch der Grundton 8′, z.B. als Principal 8′ hinzugefügt wird, kann dieses Register als Solostimme genutzt werden um eine Melodie, z.B. den Cantus Firmus zu betonen.
Andere Register werden als „Klangkronen“ bezeichnet und genutzt um ein Plenum, also einen strahlenden Gesamtklang zu erzeugen. Sie beinhalten höhere Obertöne ab der Quinte 1 1/3′. Die Klangkronen geben auch tiefen Tönen hohe Obertöne, zum Teil über der 1′ Lage. Spielt man nun in höheren Lagen, tritt das Problem auf, dass Obertöne, bzw. einzelne Pfeifenreihen an die obere Hörgrenze stoßen und damit nicht mehr wahrnehmbar sind. Daher springen diese Register in regelmäßigen Abständen wieder zurück und beginnen erneut, die Klangkronen repetieren. Meistens geschieht dies etwa im Abstand von zwei Oktaven, kann aber auch eher vorkommen. Beispielsweise in der Orgel der Uphuser Kirche in Emden springt sie immer, mit Außnahme der höchsten Oktave, zwischen h und c um eine Quarte nach unten. Die einzelnen Stimmen werden also abwechselnd je nach Tonlage zu Oktav und Quintregistern. Die gebräuchlichste Klangkrone ist die „Mixtur“, sie steht dabei meist in Hauptwerk und Pedal und beinhaltet Quinte und Oktaven. Das „Scharff“ ist, wie der Name schon sagt, ein sehr hochtöniges Register mit sehr eng mensurierten Pfeifen und einem sehr durchdringenden, hellen Klang. Die höchsten Pfeifen kommen aber in der „Zimbel“ vor, verbaut sind Aliquotregister, die die obere Hörgrenze erreichen. Der Klang wird meist als „glitzernd“ beschrieben.
REGISTER MIT SCHWEBUNG
Vereinzelt sind Register bewusst um wenige Cent verstimmt um in Kombination mit einem gestimmten 8′ Register eine Schwebung zu erzeugen. Das menschliche Gehirn nimmt diese geringen Verstimmungen noch nicht als dissonant wahr. Der Klang wird als sphärenhaft beschrieben und wird fast ausschließlich im romantischen Orgelbau verwendet. Diese Register haben oft die Bezeichnung „Vox Celeste“ oder „Unda Maris“.
REGISTERWALZE UND SCHWELLER
Mit der Register- oder Crescendowalze werden nacheinander Register hinzugeschaltet, sie reicht in ihrer Dynamik von pp bis zum ff-Plenum. Durch den sukzessiven Gebrauch der Register wird die Illusion einer Übergangsdynamik hergestellt, obwohl alle Register, die zugeschaltet werden, direkt mit ihrem vollen Klang klingen. Die Walze wird nur in der spätromantischen Musik eingesetzt, manchmal auch in der modernen.
Eine wirklich stufenlose Übergangsdynamik wird mit dem Schweller erzielt. Hier werden Jaluosien, bzw. Lamellen geöffnet und geschlossen. Im Gegensatz zur Walze ist der Schweller schon im 18. Jahrhundert in England bekannt und verbreitete sich von dort aus in die anderen Orgellandschaften. Selbst kleinere Orgeln haben manchmal Schweller.
Ein Paradebeispiel für das dynamische Spiel ist die Orgel des Berliner Doms. Diese besitzt eine Crescendowalze mit 22 verschiedenen Abstufungen. Sie beginnt mit fünf leisen Stimmen in 8′ Lage auf der ersten Stufe bis hin zu über 100 Stimmen in der letzten. Der Klang dieser Orgel folgt dem romantischen Ideal einer Orgel und ist mit einem Symphonieorchester vergleichbar. Gleichzeitig kann der Ton auch über mehre Schweller stark beeinflusst werden, eine Solostimme, die „Vox Humana“ steht sogar in einem eigenen Schwellkasten. Für das polyphone Spielen beispielsweise einer Bachschen Fuge, für die klare, helle Konturen benötigt werden, sind diese Vorrichtungen nicht geeignet, gedacht sind sie für den symphonischen Klang in der romantischen Orgelmusik, komponiert durch z.B. Max Reger oder Sigfrid Karg-Elert.
DER TREMULANT
Hier handelt es sich um ein Effektregister, mit dem der Druck des Luftstromes periodisch abgesenkt und wieder angehoben wird. So kann eine Art Vibrato hergestellt werden, wie man es beispielsweise vom Operngesang kennt.
LITERATURVERZEICHNIS
Göttert, Karl-Heinz: Orgelführer Deutschland; Bärenreiter-Verlag 3. Auflage; Kassel, Basel, London New York und Prag 2001
Krieger, Zander: Der Brockhaus multimedial, Mannheim 2008
Müller, Hans F.: Das moderne Lexikon; Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH/Lexikothek Verlag GmbH; Gütersloh 1982
Nickles, Ralph: Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden – Historische Dokumentation; Verlag H. M. Hausschild GmbH; Bremen 1995
Schweizer, Rolf: Orgelschule – eine methodische Anleitung für Anfänger und Fortgeschrittene Band 1; Bärenreiter-Verlag 5. Auflage; Kassel 2009
von der Nahmer, Uda: Windgesang – Orgeln, Wind und Verwandte; Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH, Aurich 2008
Bilder (c) Jan Klaassen 2019