1825-31 | Uphusen (Emden) | Höffgen

Die Orgel am 09.01.2021.

1 Geschichte

Die erste Orgel in Uphusen wurde 1531 vom Orgelbauer Johannes Emedensis („Johann von Emden“) erbaut. Von diesem Orgelbauer steht im Rijksmuseum in Amsterdam noch eine Orgel,  das Gehäuse und die Prospektpfeifen sind noch original. Sie wurde urspünglich im niederländischen Scheemda errichtet und vermitteln einen kleinen Eindruck davon, wie die alte Orgel in Uphusen in etwa ausgesehen haben musste.  Dieser wurden 1571 Flügeltüren hinzugefügt, die tatsächlich zusammen mit etwas Innenleben der Orgel noch erhalten sind. Sie sind in der Johannes a Lasco Bibliothek ausgestellt und stammen von einem unbekannten, ausländischen Maler. Sie zeigen den Einzug Davids in Jerusalem, während er den Kopf Goliaths trägt. Zusätzlich zu den Flügeltüren weiß man aus einer Nachricht von 1713, dass die Orgel einmal mit dem Wappen der Cirksena mit goldener Harpie und u.a. mit Wappen von Oldenburg, Uttum und Oldersum bemalt war. Aus einer Randbemerkung dieser Nachricht lässt sich auch schließen, dass der Spieltisch vorne war und nicht an der Seite, wie es heute der Fall ist. Außerdem stand das Werk auf der Westseite und nicht auf der Ostseite, wo sich die heutige Orgel befindet. Die Orgel wurde natürlich von diversen Orgelbauern gepflegt, unter anderem von J. Sieburg, dem Orgelbauer, von dem die Orgel in Westerhusen stammt, die noch heute erhalten ist.

Ab 1765 traten dann Probleme auf. Am 6. April 1816 stellte eine Kirchenvisitation fest, dass Regierwerk fehlerhaft war, man es aber nicht mehr reparieren konnte, da Techniken des Orgelbaus aus der Gotik nicht mehr bekannt waren und die Orgelbauer die Orgel nicht rekonstruieren konnten.  Das Werk war sehr hoch gestimmt, sodass der Organist seine Choräle transponieren musste, damit die Gemeinde mitsingen konnte. Die Orgelpfeifen waren zum Teil so schief, dass sie keinen sauberen Ton mehr von sich gaben. Gleichzeitig wurde das Register Principal 8′ gelobt, man sollte das in einer neuen Orgel nachmachen. Man empfahl, dass diese neue Orgel lustigerweise genauso dekorativ gebaut sein sollte, wie die katholische Kirche das gemacht hätte. 1816 offenbarte sich ein weiteres Problem, nämlich das der Orgelboden so vermodert war, dass er nicht mehr gefahrlos betreten werden konnte.

Es wurde sich dafür entschieden, ein neues Gewölbe und eine neue Orgel zu bauen. Das Gewölbe wurde 1818 angebracht. Orgelbauer sollte Wilhelm Caspar Joseph Höffgen sein.

Über Höffgens Leben ist nicht viel bekannt. Vor seinem Neubau 1825 taucht sein Name nur im Zusammenhang mit diversen Reparaturen, Pflegearbeiten und als Geselle anderer Orgelbauer auf. In Ostfriesland stand er unter dem Konkurrenzdruck der Werkstatt Rohlfs. Die Orgel in Uphusen ist die erste Orgel, die er eigenständig selber bauen durfte. Als er mit dem Bau anfing, war er bereits 52 Jahre alt. Möglicherweise schwing der Gedanke, dass dieses Werk sein erstes und -bei der Lebenserwartung dieser Zeit- letztes sein könnte, immer mit. Die Orgel in Uphusen gibt jedenfalls allen Grund zu dieser Vermutung. Er verwendete nur beste Materialien und konzipierte eine zu der Zeit sehr moderne und individuelle Disposition. Eigentlich sollte er fünf alte Register aus der Vorgängerorgel übernehmen, schließlich hat er aber auch diese neu gebaut, da sie wohl nicht in sein Konzept passten.

Es folgten diverse Reparaturen, wobei das Pfeifenwerk aber erstaunlich gut erhalten blieb. Ein Grund könnte sein, dass in der Disposition Register wie einer Streicherstimme (Viola da Gamba) bereits vorhanden sind. In anderen Orgeln wurden in zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert hohe Mixturen und Trompeten oft gegen solche eingetauscht, was in Uphusen nicht nötig war. So blieb auch die Trompete 8′ erhalten. Lediglich 1926 wurden neue Prospektpfeifen eingebaut, nachdem die alten im ersten Weltkrieg eingeschmolzen wurden. 1954 wurde bei einer Reparatur durch Alfred Führer die tiefe Oktave des Bordun 16′, die wurmstichig war,  ausgewechselt. Die Pfeifen dafür stammten von der Firma Walcker und sollten eigentlich viel eher schon eingebaut werden.

1996 wurde die Orgel in einem ersten Bauabschnitt restauriert, das Geld dafür wurde durch Spenden zusammengetragen. Der zweite Bauabschnitt endete am 9.11.1997 und wurde durch die Gerhard ten Doornkaat Koolman-Stiftung finanziert. Die Orgel wurde vom Norder Orgelbauer Bartelt Immer restauriert. Die Mixtur ist in drei Einzelregister aufgeteilt, was besonders für die italienische Orgellandschaft typisch ist. Deshalb wurde beschlossen, den Winddruck so weit zu reduziert, dass die Pfeifen gerade noch ansprachen. Denn der geringe Winddruck ist ebenfalls charakteristisch für italienischen Orgelbau.

Zwischen der Traversflöte 8′ und der Viola da Gamba 8′, die ohnehin sehr leise sind, war nun fast kein Unterschied mehr zu hören. Nach heutigem Erkenntnisstand ist es wahrscheinlicher, dass Höffgen seinen eigenen Stil schaffen wollte und verschiedene Einflüsse verband. Die Pfeifenform ähnelt beispielsweise mehr dem englischen Stil der Frühromantik. Mit der aufgespaltenen Mixtur sind deutlich mehr dynamische Abstufungen im Plenum möglich. 2021 wurde daher von Bartelt Immer der Winddruck wieder etwas erhöht. Dadurch gewann das Werk wieder einiges an Frische.

2 Beschreibung und Besonderheiten

Die Orgel befindet sich gegenüber vom Eingang auf der Ostseite und ist auf einer Brüstung vor dem Chorraum platziert. Sie verfügt über ein Manual und ein angehängtes Pedal, was vom großen C bis zum kleinen g ausgebaut ist. Die Orgel ist seitenspielig. Es sind insgesamt 14 Register vorhanden. Es ist kein separates Pedalwerk vorhanden, das Pedal ist an das Manual gekoppelt. Besonders ist, dass das Werk bis auf die Prospektpfeifen und die tiefste Oktave des Bordun 16′ vollständig erhalten ist! Dazu gehört auch die Balkanlage, die sich auf Wunsch auch noch treten lässt, und die gesamte Spiel- und Registertraktur. Die originalen Registerbeschriftungen bestehen aus bedrucktem Papier hinter Glas. Das Ventil muss beim Anschalten der Orgel gezogen und eingehakt werden. Während der Spieltisch etwas gewöhnungsbedürftig erscheint, sind die Register sehr vielfältig und klanglich etwas Besonderes. Es kann mit der geteilten Mixtur dynamisch bis zum vollen Werk aufregistriert werden und die Orgel hat durch den Bordun 16′, die kräftige Trompete 8′ und die vielen Grundstimmen einen starken, gravitätischen Klang. Die Register sind mischbar genug, dass für das volle Werk auch entsprechend alle Register gezogen werden können. Einzig die Terz 1 1/3′ würde ich persönlich nicht im Plenum verwenden, da sie aus Klang etwas herausfällt. Sie lässt sich gut für Soloregistrierungen verwenden, z.B. in Kombination mit der Quinte 2 2/3 als Sesquialter zusammen mit dem Gedackt 8′ und der Flöte 4′. Dem gegenüber steht eine Vielzahl an ruhigen Kombinationen, allein schon durch die vier labialen 8′-Register. Viola Da Gamba 8′ und Flöt Traver 8′ sind sehr leise und zart, sie können gut mit der Flöte 4′ und dem Tremulanten verwendet werden. Die Orgel ist bereits gleichstufig temperiert.

3 Disposition

Bordun 16′
Praestant 8′
Gedakt 8′
Viola Da Gamba 8′
Flöt Traver 8′
Ocktav 4′
Flöte 4′
Quint 3′ (= 2 2/3′)
Ocktav 2′
Tertian 2′ (= 1 3/5′ komplett ohne Sprünge ausgebaut)
Quint 1 1/2′ (= Quinte 1 1/3′, repetierende Mixturreihe)
Ocktav 1′ (repetierende Mixturreihe)
Tertian (= Quinte 2/3′, repetierende Mixturreihe)
Trompet 8′

Ventil

4 Literaturverzeichnis

Ich gebe keine Gewähr für die Richtigkeit dieses Textes. Neben den folgenden Quellen sind auch meine eigenen Eindrücke von der Orgel eingeflossen und Informationen, die ich vom Orgelbauer und aus dem letzten Restaurationsbericht haben.

Nickles, R. (1995): Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. Bremen: Verlag H. M. Hausschild GMBH.