1 Disposition und Überblick
Erbauer: Alfred Führer Orgelbau im Prospekt eines unbekannten Orgelbauers, möglicherweise Hinrich Just Müller
Jahr: 1966-67 im Prospekt von 1793
Ort: Ev.-luth. Kirche Loquard
Umfang: 8Ip
Manual:
Prinzipal 8′
Gedackt 8′
Oktav 4′
Rohrflöte 4′
Quinte 2 2/3′
Waldflöte 2′
Mixtur 4f.
Trompete 8′
Pedal: Angehängt
Stimmtonhöhe: Normal
2 Geschichte
Vorgeschichte:
1629: Ein Küster und Organist ist bezeugt.
1673: In diesem Jahr wird die Orgel renoviert, was aus einer Nachricht von 1725 hervorgeht. Über die Orgel ist nichts weiter bekannt. An der Orgel ist ein Wappen von Wilken Frese angebracht, der 1514 starb. Dass sein Wappen beim Bau der Orgel angebracht und die Orgel Anfang des 16. Jahrhunderts gebaut wurde, ist denkbar. Das Wappen kann aber genau so gut zunächst woanders gewesen und dann beim Bau der Orgel an das Gehäuse angebracht worden sein.
1699: Bei einer Visitation wird festgestellt, dass die “neue Orgell von herlicher Resonance” sei. Das Wort “neu” deutet darauf hin, dass 1673 sehr tiefgreifende Maßnahmen stattfanden, sodass die Orgel wie neu war.
1724: Bei einer Visitation ärgert man sich über den Schulmeister, der wohl kaum Informationen liefert, er “mache zu viel ferien, hat keine lust zu information”.
1736: Bei einer weiteren Visitation wird der 61-jähre Schulmeister aber als “in dem Orgel-Schlag sehr fertig” bezeichnet, weil er die Orgel bei Problemen immer selber zusammenflickt. Es ist sogar die Rede davon, dass das Orgelwerk wohl bestehen kann, solange der Schulmeister lebt.
1793: Eine neue Orgel wird gebaut, deren Erbauer nicht bekannt ist. Kaufmann, Autor der umfassenden Orgeltopografie über Ostfriesland spricht davon, dass die Inschrift auf Hinrich Just Müller hindeute. Der Prospekt zeigt zwar nicht die für Müller typische neunteilige Aufteilung, die er zunächst für quasi jede Orgel verwendete, aber ab dem 1790er Jahren gestaltete er Prospekte generell abwechslungsreicher und unterschiedlicher. In diesen Trend würde Loquard gut reinpassen, zumal der Prospektaufbau Ähnlichkeiten mit den erhaltenen Prospekten in Wüppels (1795) und Neermoor (1798) hat.
1832: Der Orgelbauer Johann Christian Grüneberg erneuerte den Gedackt 8′.
1845: Die Disposition wird in einem Kostenvoranschlag von Gerd Sieben Janssen für eine Reparatur genannt. Sie ist mit einer Sesquialtera statt galanten Registern wie einer Traversflöte eher konservativ für die 1790er Jahre. Müller passt als Erbauer entsprechend ganz gut, wobei die Disposition natürlich auch von der Kirche beeinflusst wenn nicht sogar beschlossen wird. Die Schreibweise der Register ist vermutlich dem 19. Jahrhundert angepasst.
Prinzipal 8′
Gedackt 8′
Octav 4′
Flöte 4′
Octav 2′
Sexquialter 2 fach
Mixtur 3 fach
Trompete 8′ (B+D)
Janssen baut anstelle der Sexquialter einen Bordun 16′ ein.
1888-89: Johann Diepenbrock ersetzt die Keilbälge durch einen Magazinbalg.
1933-34: Max Maucher renoviert das Instrument, ersetzt aber einiges an Pfeifenwerk durch zugekauftes von Laukhuff.
1947 und 1965: Gutachten von Rudolf von Beckerath und Wolfgang Pahlitzsch beschreiben ein Durcheinander von verschiedenen Pfeifen unterschiedlichster Mensuren von 1793, 1832, 1845 und 1934. Aus den Gutachten geht hervor, dass vor allem ab 4′-Lage noch viel Pfeifenwerk von 1793 vorhanden war. Das Werk hätte renoviert oder sogar restauriert werden können, zumal die Windladen wohl noch alt gewesen sind.
Heutige Orgel:
1966-67: Alfred Führer Orgelbau baut hinter dem alten Prospekt ein gänzlich neues Werk.
2006-07: Größere Reparatur und Reinigung sowie einer leichten Anpassung der Intonation durch Bartelt Immer.
3 Beschreibung
Die Orgel verfügt über 8 Register auf einem Manual und angehängtem Pedal und ist auf der Westseite aufgestellt.
Die Werkstatt Führer hat bis in die 60er Jahre, teils noch später aus denkmalpflegerischer Sicht einiges durchgeführt, was heute als ziemlich fragwürdig beurteilt wird. Dabei muss allerdings auch bedacht werden, dass vieles zu der Zeit normal war und für die Planung solcher Vorhaben immer auch Kirche und Orgelsachverständige zuständig waren. Vielerorts hat Führer auch altes Material, was die Werkstatt als “brauchbar” ansah, wiederverwendet und irgendwie auch bewahrt, selbst wenn das mit Denkmalpflege wenig zu tun hat. Andere Werkstätten gingen noch rabiater vor und haben fast nur Neubauten gebaut.
Was man Führer definitiv lassen muss, ist, dass die Neubauten in den 50er und 60er Jahren durchaus gelungen waren. In Loquard ist ein solides, kleines Orgelwerk vorhanden, welches klanglich ganz typisch für Führer-Neubauten dieser Zeit ist. Die Flöten sind hell und klar und für kammermusikalische Werke wunderbar geeignet. Die Trompete ist kräftig und weißt trotzdem eine gewisse Feinheit auf, wobei es natürlich schwer zu differenzieren ist, wie viel der Renovierung 2007 zuzuschreiben ist. Die Orgel hat etwas, was Orgeln aus den 60er Jahren oft fehlt, teilweise auch wegen späteren “Aufweichungen” des Klangbildes: Charakter. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber man spielt auf dieser Orgel und es fühlt sich sofort nach Führer an – samt der Helligkeit und dem Glanz, aber auch der Feinheit, die die Orgelneubauten unter Alfred Führer oft auszeichneten. Erwähnenswert ist noch, dass sich der Spieltisch in einem Spielschrank befindet, der abgeschlossen werden kann. Der Spielschrank ist alt und geht wie das restliche Gehäuse wohl auf Hinrich Just Müller zurück.
Kleinere Orgeln dieser Zeit, vor allem aber auch Teilwerke größerer Orgeln zeichnen sich oft auch dadurch aus, dass sie keine Oktave 2′ als separates Register haben. Das kam quasi in der gesamten Orgelgeschichte immer wieder vor, ist aber im Neobarock besonders häuft. Eine absolute Standard-Registrierung an einer Kleinorgel für die Begleitung von Gemeindegesang besteht in den Prinzipalen 8, 4 und 2′. In den Orgeln ohne Oktave 2′ z. B. in Loquard geht das nicht so einfach. Hier muss zur Annäherung auf die Waldflöte 2′ zurückgegriffen werden (solange das klanglich zufriedenstellend ist) oder auf die Quinte, welche aber deutlich mehr Farbe in den Klang bringt als eine Oktave 2′. Spätestens im Literaturspiel kann man aber auch Waldflöte und Quinte weglassen und direkt die Mixtur zu ziehen.
Denn die größte Stärke dieser Orgel liegt in dem schlanken und glitzernden Prinzipalplenum, welches sich aus Prinzipal 8′, Oktave 4′ und Mixtur ergibt.
4 Literaturverzeichnis
Ich gebe keine Gewähr für die Richtigkeit dieses Textes. Dieser Beitrag setzt sich aus Informationen zusammen, die ich bei einem Besuch vor Ort sowie folgenden Quellen erfahren habe:
Ev.-luth. Landeskirche Hannover (2024): Loquard. In: Historisches Kirchengemeindelexikon. https://kirchengemeindelexikon.de/einzelgemeinde/loquard/ (18.07.2024).
Kaufmann, W. (1968): Die Orgeln Ostfrieslands – Orgeltopographie. Aurich: Ostfriesische Landschaft.
Nickles, R. (1995): Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. Bremen: H. M. Hauschild.