Die Funktion

Die Funktion einer Orgel ist kein einfach zu verstehendes Thema. Über die Jahrhunderte haben sich verschiedene Bauformen etabliert. Dieser Artikel versucht, einen kleinen Überblick darüber zu verschaffen.

1 Der Aufbau

Der Aufbau ist meistens klar gegliedert. Der Organist sitzt am so genannten Spieltisch und hat vor sich die Manuale (Tastaturen). Mit jedem Manual kann er ein Teilwerk der Orgel ansteuern. Nur selten kommt es vor, dass ein Manual mehrere Werke anspielt, das hat dann statische Gründe. In den meisten Fällen sind rechts und links verteilt die Register, welche verschiedene Klangfarben darstellen. Entweder befinden sich hier Registerzüge, die man zum Betätigen herauszieht oder, wie es in größeren Orgeln der Fall ist, Kippschalter, die das Registrieren mehrerer Register zur gleichen Zeit erleichtern. Da die Register in erster Linie von Hand bedient werden, wird der Bereich auch Manubrium (Lat. Manus = die Hand) genannt. Ab einer bestimmten Größe des Manubriums sind unter den einzelnen Manualen oft auch automatische Setzer angeordnet, mit denen sich Registerkombinationen einspeichern und abrufen lassen. Zu den Füßen befindet sich das Pedal, mit dem in den meisten Fällen der Bass gespielt wird. Der Organist nutzt dabei üblicherweise die Hacken und Spitzen seiner Füße. Das Pedal ist wie eine normale Tastatur aufgebaut. Hinter dem Pedal können sich Taster befinden, die ebenfalls mit den Füßen spielbar sind. Mit ihnen können entweder weitere Registerkombinationen eingespeichert und abgerufen werden, oder es handelt sich um Koppeln, die ausgewählte Manuale und das Pedal aneinanderkoppeln. Sie ermöglichen das Registrieren, auch, wenn beide Hände beschäftigt sind. Desweiteren befinden sich hier in größeren Werken die Registerwalze -auch Crescendowalze genannt- und/oder Schweller, dazu mehr auf der Seite “Die Register”. Auf dem folgenden Bild ist der Spieltisch der Orgel der Groß Midlumer Kirche zu sehen.

2 Klangerzeugung

Eine Orgel zählt zu den Aerophonen und wird mit Luft betrieben. Dazu muss zunächst ein Gebläse einen Luftdruck aufbauen. Heute ist dieser Vorgang elektrisch, früher musste man den Druck mit Hilfe von Balken durch Muskelkraft aufbauen.

Die Luft wird in die Windlade geleitet, beim betätigen einer Taste wird ein Ventil geöffnet, damit Luft hindurch strömen kann. Darüber liegen die Tonkanzellen, wo nun die Luft hineinströmt. Über den Tonkanzellen sind alle Pfeifen der unterschiedlichen Register, die mit dieser Taste angespielt werden sollen.

Jedes Register steht für eine Klangfarbe, da eine Orgelpfeife aber nur einen Ton abgeben kann, wird für eine Tastatur eine ganze Pfeifenreihe benötigt. Diese Pfeifenreihe ist längs zu der Windlade und quer zu den Tonkanzellen angeordnet, damit beim Betätigen einer Taste auch nur eine Pfeife pro Register angesprochen wird.

Zwischen den Pfeifen und den Tonkanzellen liegen die Schleifen. Das sind Hölzer, in die Bohrungen passgenau so gesetzt sind, dass sie, wenn ein Register vorher betätigt wurde, genau zwischen Pfeife und Tonkanzelle liegen. Dann kann Luft hindurch strömen und das Register gespielt werden. Ist das Register nicht gezogen, sind die Bohrungen so verschoben, dass keine Luft mehr hindurchströmen kann. Aufgrund dieses Systems nennt man diese Art von Orgel auch Schleifenladenorgel. Man kann auf dem Foto die Enden der Schleifen erkennen, und zwar sind das die kleinen Hölzer, die in dem schmalen Spalt in der Mitte des Bildes herausschauen.

Die Register-, Manual- und Pedaltraktur kann entweder mechanisch, pneumatisch oder elektrisch erfolgen. Bei der mechanischen Traktur wird der Tastendruck durch Abstrakte, Winkel und Wellen bis zur Tonkanzelle geleitet (siehe Anhang 2). Die Abstrakte sind dabei die Teile einer Traktur, die sich längs von der Taste aus verschieben und den Tastendruck auf längere Distanzen weiterleiten. Mit Winkeln wird der Tastendruck von den Abstrakten auf die Wellen übertragen. Diese liegen meist quer zu den Abstrakten und drehen sich bei Tastendruck. Durch dieses System kann die Kontraktion einer Taste von dem schmalen Manual auf die breiten Pfeifenreihen übertragen werden. Auf dem Bild kann man horizontal die Wellen sehen und senkrecht die Abstrakten. Sie sind durch Winkel miteinander verbunden.

Mit dem Aufkommen immer größerer Orgeln gerade während der Romantik und der zunehmenden Entfernung des Spieltisches zu den Werken musste allerdings eine neue Lösung gefunden werden, da der Tastenanschlag durch die langen Wege zu den Pfeifen nahezu unspielbar wurde. Eine andere Lösung fand sich zunächst in der pneumatischen Traktur. Hier wird der Tastendruck per Luftdruck weitergeleitet, der Nachteil war nur, dass sich die Ansprache der Töne stark verzögerte. Später erfolge die Traktur dann elektrisch. Der Vorteil dieser Technik ist, dass in Kirchen, wo mehrere Orgeln stehen (z.B. im Passauer oder Mailänder Dom), alle Orgeln von einem Spieltisch aus bespielt werden können.

(c) Jan Klaassen 2019