1958 | Hinte | Ahrend & Brunzema

Orgelvorstellung, Praeludium in d SSWV 576 (Samuel Scheidt) und Ricercar “aus” F (Johann Krieger)

1 Disposition und Überblick

Erbauer: Ahrend & Brunzema im Prospekt von Johann Friedrich Wenthin
Jahr: 1958 im Prospekt von 1780
Ort: Ev.-ref. Kirche Hinte
Umfang: 8Ip

Quintadena 16’
Praestant 8’
Gedackt 8’
Oktave 4’
Spitzflöte 4’
Oktave 2’
Mixtur
Trompete 8’

Pedal: Angehängt

Zimbelstern

Stimmung: Norder Stimmung
Stimmtonhöhe: Normal

2 Geschichte

Vorgeschichte:

1539: In einem Protokoll wird ein Organist in Hinte benannt.

1580-1766: Die uralte Orgel wurde immer wieder repariert und gepflegt.

1776-1781: Wenthin baute eine neue Orgel. Kostenanschlag und Kontrakt sind sehr detailliert, benannt werden explizit eine “gleichschwebende” Stimmung und 40 Grad (97,2 mm) Winddruck. Letzterer solle nach Kontrakt sogar noch auf 45 Grad (109,35 mm) gesteigert werden. Teile der alten Orgel wurden vermutlich wiederverwendet. 1781 wurde die neue Orgel abgenommen.

1909: P. Furtwängler & Hammer baute im Wenthin-Gehäuse eine neue, pneumatische Orgel mit 17 Registern auf zwei Manualen und einem selbständigen Pedal. Es sind zahlreiche Spielhilfen wie Koppeln, Oktavkoppeln und Druckknöpfe vorhanden. Die Orgel wurde dafür von der Ost- auf die Westseite verlegt.

1955: Das Werk ist trotz Pflegemaßnahmen kaum spielbar, Sachverständiger Hallensleben rät zu einem Neubau.

Heutige Orgel:

1958: Ahrend & Brunzema baute das heutige Werk, der Prospekt ist noch immer von Wenthin erhalten.

1995: Überarbeitung der Intonation und Legung der Norder Stimmung durch Jürgen Ahrend

3 Beschreibung

Die Orgel verfügt über 8 Register auf einem Manual und angehängtem Pedal und ist auf der Westseite aufgestellt.

Die Orgel gehört -erbaut in den 1950er Jahren- zu den ersten Neubauten von Ahrend & Brunzema. Das Werk orientiert sich nicht an erhaltenen Werken Wenthins, wie man aufgrund des erhaltenen Prospekts vermuten könnte. Die Zeit erforderte ein helles, aber trotzdem entspanntes Plenum. Barock-Orgeln mit ihrem lauten und scharfen Klang wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch als “Schrei-Orgeln” bezeichnet. Beispielsweise wäre ein Nachbau der Wenthin-Orgel mit 45 Grad (!) Wind in der Zeit nicht gut angekommen. Ahrend & Brunzema konzipierten, angelehnt an altniederländische Meister, enge Mensuren, um auch bei niedrigem Winddruck ein klares Plenum zu erhalten und konnten damit in der Zeit gut landen. Der Klang ist entsprechend hell, aber nicht übertrieben scharf und steht sehr gut im Raum. Die steinerne Einraumkirche mit ihrer für eine Dorfkirche schon ganz ordentlichen Größe hat einen Hall und gleichzeitig eine Transparenz im Klang, die neben den ganzen Kirchen mit kammermusikalischer Akustik selten ist. Normalerweise klingt eine Orgel am Spieltisch etwas anders als im Raum. Da die Orgel aber eher hoch aufgebaut ist, bietet sich für den Organisten ein relativ treffender Eindruck vom Raumklang, da die Orgel über den Kopf hinweg abstrahlt und man somit viel von der Akustik mitbekommt. Lediglich die Quintadena klingt am Spieltisch “brummeliger”, als tatsächlich im Kirchenschiff unten. Auf der rechten Seite neben dem Notenpult ist -leicht zu übersehen- ein kleiner Registerzug, mit dem sich der Zimbelstern aktivieren lässt. Die Mixtur ist ziemlich brillant und hochliegend, ähnlich wie ein Scharf. Das Prinzipalplenum ist im mittleren Frequenzbereich relativ schlank, eine Lücke, die die Trompete 8’ gut füllt.

Die größte Stärke dieser Orgel ist das prächtige volle Werk, in dem sich sprichwörtlich alle Register vereinen. Quintadena, Prinzipalchor, Flöten und die Trompete erzeugen zusammen in Kombinationen mit der tollen Akustik der Kirche einen ganz großen, gravitätischen, strahlenden Klang.

4 Literaturverzeichnis

Ich gebe keine Gewähr für die Richtigkeit dieses Textes. Dieser Beitrag setzt sich aus Informationen zusammen, die ich bei einem Besuch vor Ort, im Austausch mit Orgelbauer Henrik Ahrend (dafür vielen Dank!) sowie folgender Quelle erfahren habe:

Nickles, R. (1995): Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. Bremen: H. M. Hauschild.