1790-93 | Emden (Wolthusen) | Wenthin

1 Geschichte

Über die erste Orgel in der Kirche Wolthusen ist nicht viel bekannt. Sie wird erstmals um 1660 in kleineren Nachrichten erwähnt, u.a. vom Emder Praeceptor Franciscus Baringius, der seinen Sohn für den Organistendienst empfahl. Daraus lässt sich schießen, dass die alte Orgel vor 1660 gebaut wurde. Zudem sind weitere Bewerbungen für den Organistendienst in Wolthusen von 1676 und 1680 erhalten.

1784 wurde die alte Kirche, die wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammte, abgebrochen und eine neue Kirche gebaut, die den vorderen Teil der heutigen Kirche bildet. 1787 folgte die Küsterei mit einem Schulraum.

1793 wurde dann die Orgel gebaut, die noch heute in der Kirche zu sehen und zu hören ist. Orgelbauer war Johann Friedrich Wenthin. Geplant war ursprünglich eine großere Orgel zu bauen, jedoch reichten dafür die finanziellen Mittel nicht. Wenthin wollte eigentlich eine Mixtur 3f. einbauen, der Platz dafür blieb aber erstmal leer.

Bereits 1828 war die Orgel wieder in einem sehr schlechten und unspielbaren Zustand, sie wurde 1834/35 vom Orgelbauer Wilhelm Caspar Joseph Höffgen repariert, der auch die Orgel in der Uphuser Kirche baute. Er baute auch ein Terzregister in den Platz, wo eigentlich die Mixtur stehen sollte. Noch heute ist das Register am Spieltisch als Mixtur gekennzeichnet und nicht als Terzreihe. Bei einer Reperatur Ende des 19. Jahrhunderts wurden die tiefen Gedacktpfeifen durch Doppelgedackte ersetzt.

1908/09 wurde eine neue Klaviatur eingebaut.

1912 wurde die Kirche dann um den Südflügel erweitert. Das erklärt auch, warum die Orgel für den Kirchenraum eher ungünstig um die Ecke steht, da der südliche Teil erst später dazu kam. Im Zuge der Vergrößerung der Kirche wurde auch eine Vergrößerung der Orgel in Betracht gezogen. Aus einem Kostenanschlag der Orgelbaufirma Bruns geht hervor, dass das Werk im Verhältnis zu Größe der Kirche als zu klein befunden wurde. Dazu kam, dass sich im Zuge der Romantischen Orgelbewegung die  Hörgewohnheiten geändert haben und es passierte das, was leider in vielen Orgeln gemacht wurde. In ein Werk mit Barocken Charakter wurden Register eingebaut, die dem Charakter der Romantik, also dem Klangideal einer ganz anderen Zeit, nachkamen.  1914 wurden ein voll ausgebauter Principal 8′ und ein Subbass 16′ für das Pedal  hinzugefügt und das Pedal voll ausgebaut. Die zusätzlichen Pfeifen  wurden in einem weiteren Pfeifenstock hinter der Orgel angebracht. Die Orgel selbst war dadurch größer als heute. Es gab sogar Pläne, ein weiteres Pedalregister hinzuzufügen.

1930 wurde dann die alte Trompete durch eine neue ersetzt. 1952 baute man neue Prospektpfeifen ein, die alten mussten 1916 im ersten Weltkrieg abgegeben und durch Pfeifen aus Pappe ersetzt werden.

Die beiden neuen Register von 1914 wurden später wieder entfernt und die Orgel 1984 von Fritz Schild/Orgelbau Alfred Führer umfassend restauriert. Dabei ersetzte er nochmals die Trompete, die 1930 hinzugefügt wurde nach dem Vorbild einer Wenthin-Orgel in Reepsholt. Das Werk ist zum Großteil original erhalten und damit ein wichtiges historisches Werk.

2 Beschreibung und Besonderheiten

Die Orgel befindet sich auf der Ostseite der Kirche, direkt gegenüber vom Eingang. Sie verfügt über ein Manual mit voll ausgebautem, aber angehängten Pedal. Die Trompete ist unterteilt in Diskant und Bass. Der festliche, strahlende Klang im vollen Werk kann locker den Gesang einer vollen Kirche leiten ohne zu schrill zu klingen. Die Trompete kann dafür auch nur im Bass-Bereich gezogen werden um im Klang das Fundament zu betonen. Da statt der Mixtur eine Terz 1 3/5′ vorhanden ist, ist das Plenum geprägt von Sesquialter, der kräftigen Trompete und den Prinzipalen und Flöten in 8, 4 und 2′ Lage. Hervorzuheben ist der wunderbar vokale, schlanke Prinzipal 8′ von Wenthin, der entgegen seiner Beschriftung als Praestant nicht im Prospekt steht. Er ist aus Platzgründen im Bass als Gedackt gebaut.

3 Disposition

Praestant 8′ (C-H gedackt, Wenthin)
Gedact 8′ (Unbekannter Orgelbauer aus dem 19. Jh., ursprünglich Doppelgedackt, ein Labium von Fritz Schild geschlossen)
Praestant 4′ (Innenpfeifen Höffgen, Prospekt Fritz Schild)
Gedactfluit 4′ (Wenthin)
Nassat 3′ (Wenthin)
Octaaf 2′ (Wenthin)
Mixtur III (= Terz 1 3/5′, Höffgen)
Trompete 8′ (unterteilt in Diskant und Bass, Fritz Schild)

Sweeving (Tremulant)

4 Literaturverzeichnis

Ich gebe keine Gewähr für die Richtigkeit dieses Textes. Neben den folgenden Quellen sind auch meine eigenen Eindrücke von der Orgel eingeflossen.

Nickles, R. (1995): Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. Bremen: Verlag H. M. Hausschild GMBH.

Schild, F. (1984): Bericht über die Restaurierung der Orgel in Wolthusen. Wilhelmshaven: Alfred Führer Orgelbau.

Pannenborg, F. (1980): Aus der Geschichte von Wolthusen Uphusen Marienwehr – was gewesen – was geblieben – was geworden ist. Emden: Eigenverlag/Eiline Pannenborg.